Literarisch

Frühling


Die Bäume im Ofen lodern.
Die Vögel locken am Grill.
Die Sonnenschirme vermodern.
Im übrigen ist es still.

Es stecken die Spargel aus Dosen
die zarten Köpfchen hervor.
Bunt ranken sich künstliche Rosen
in Faschingsgirlanden empor.

Ein Etwas, wie Glockenklingen,
den Oberkellner bewegt,
mir tausend Eier zu bringen,
von Osterstören gelegt.

Ein süßer Duft von Havanna
verweht in ringelnder Spur,
ich fühle an meiner Susanna
erwachende neue Natur.

Es lohnt sich manchmal zu lieben,
was kommt, nicht ist oder war.
Ein Frühlingsgedicht, geschrieben
im kältesten Februar.

(Joachim Ringelnatz)
 
 
 

Lebensabend

  

Die Zeit ist fast abgelaufen,
´s gibt nicht mehr viel zu tun,
man kann sich Zeit nicht kaufen
und läßt die Stunden ruh´n.

Es neigen sich die Wipfel,
es neigt sich auch das Gras,
zu hoch sind alle Gipfel,
es bricht jetzt auch manch Glas.

Das jahrelange Streben,
es weicht der Phantasie,
nach ganz erfülltem Leben,
als Lebenssymphonie.

Als endlich wir empfunden,
was immer endlos war,
und viele alte Wunden,
sie heilen auf einmal.

Man sieht viel mehr gelassen
auf alles, was einst war,
man lernt es - zu erfassen,
ein Wunder war einst da.

Es war das Menschenleben,
das jedem ward geschenkt,
man nahm es so entgegen,
es war nur ein Geschenk.

Jetzt - wo die Jahresringe
ganz nahe am Vergeh´n,
da hofft man es gelinge,
ein schönes Wiedersehn.

 
(Klaus Ender)
 
 
 
 

Adventsgedicht


"Advent
Es naut die Blacht....Verzeihung!"

Advent
Es blaut die Nacht, die Sterne blinken
Schneeflöcklein leis´ herniedersinken.
Auf Edeltännleins grünem Wipfel
häuft sich ein kleiner, weißer Zipfel.
Und dort vom Fenster her, durchbricht
den dunklen Tann ein warmes Licht.

Im Forsthaus kniet bei Kerzenschimmer
die Försterin im Herrenzimmer.
In dieser wunderschönen Nacht
hat sie den Förster umgebracht.
Er war ihr bei des Heimes Pflege
seit langer Zeit schon sehr im Wege.
Drum kam sie mit sich überein:
Am Niklasabend muß es sein.

Und als das Rehlein ging zur Ruh´
das Häslein tat die Augen zu,
erlegte sie - direkt von vorn -
den Gatten über Kimm´ und Korn.
Vom Knall geweckt rümpft nur der Hase
zwei, drei, viermal die Schnuppernase
und ruhet weiter süß im Dunkeln
derweil die Sterne traulich funkeln.

Und in der guten Stube drinnen,
da läuft des Försters Blut von hinnen.
Nun muß die Försterin sich eilen,
den Gatten sauber zu zerteilen.
Schnell hat sie ihn bis auf die Knochen
nach Waidmannssitte aufgebrochen.
Voll Sorgfalt legt sie Glied auf Glied,
was der Gemahl bisher vermied,
behält ein Teil Filet zurück
als festtägliches Bratenstück
und packt darauf - es geht auf vier -
die Reste in Geschenkpapier.

Da tönt´s von fern, wie Silberschellen,
im Dorfe hört man Hunde bellen.
Wer ist´s, der in so später Nacht
im Schnee noch seine Runden macht?
Knecht Ruprecht kommt mit goldnem Schlitten
auf einem Hirsch herangeritten.
"He gute Frau, habt ihr noch Sachen,
die armen Menschen Freude machen?"

Des Försters Haus ist tief verschneit,
doch seine Frau ist schon bereit:
"Die sechs Pakete, heilger Mann,
´s ist alles, was ich geben kann."

Die Silberschellen klingen leise,
Knecht Ruprecht macht sich auf die Reise.
Im Försterhaus die Kerze brennt,
ein Sternlein blinkt - es ist Advent!

 (Loriot)
 
 
 

Der Bettler und sein Hund


Drei Taler erlegen für meinen Hund!
So schlage das Wetter mich gleich in den Grund!
Was denken die Herrn von der Polizei?
Was soll nun wieder die Schinderei?

Ich bin ein alter, ein kranker Mann,
der keinen Groschen verdienen kann;
ich habe nicht Geld, ich habe nicht Brot,
ich lebe ja nur von Hunger und Not.

Und wann ich erkrankt, und wann ich verarmt,
wer hat sich da noch meiner erbarmt?
Wer hat, wann ich auf Gottes Welt
allein mich fand, zu mir sich gesellt?

Wer hat mich geliebt, wann ich mich gehärmt?
Wer, wann ich fror, hat mich gewärmt?
Wer hat mit mir, wann ich hungrig gemurrt,
getrost gehungert und nicht geknurrt?

Es geht zur Neige mit uns zwein,
es muß mein Tier geschieden sein;
du bist, wie ich nun alt und krank,
ich soll dich ersäufen, das ist der Dank!

Das ist der Dank, das ist der Lohn!
dir gehts, wie manchem Erdensohn.
Zum Teufel, ich war bei mancher Schlacht,
den Henker hab ich noch nicht gemacht.

Das ist der Strick, das ist der Stein,
das ist das Wasser, - es muß ja sein.
Komm her, du Köter, und sieh mich nicht an,
noch nur ein Fußstoß, so ist es getan.

Wie er in die Schlinge den Hals ihm gesteckt,
hat wedelnd der Hund die Hand ihm geleckt,
da zog er die Schlinge sogleich zurück
und warf sie schnell um sein eigen Genick.

Und tat einen Fluch gar schauderhaft,
und raffte zusammen die letzte Kraft
und stürzte in die Flut sich, die tönend stieg,
im Kreise sich zog und über ihm schwieg.

Wohl sprang der Hund zur Rettung hinzu,
wohl heult er die Schiffer aus ihrer Ruh,
wohl zog er sie winselnd und zerrend her,
wie sie ihn fanden, da war er nicht mehr.

Er war verscharrt in stiller Stund´,
es folgt ihm winselnd nur der Hund,
der hat, wo den Leib die Erde deckt,
sich hingestreckt und ist da verreckt.

 

(Adelbert von Chamisso) 
 
 
 
 
 
ein Bild
 


 
 
 
 
 
 
bemerkenswert:
 
Neues aus Zamonien!
Vincent klaut schon wieder Sonnenblumen...
 
www.vogelklappe.de
 
 
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